Leberecht Migge – Vater des „Urban Gardening“

 
 

In aller Munde ist heute das „Stadtgärtnern“- wie man den Begriff des „Urban Gardening“ übersetzen könnte. Der Anbau von Gemüse und Obst auf dem Balkon, auf innerstädtischen Brachen, in Parks und Gemeinschaftsgärten ist absolut angesagt! Neben dem Gemeinschaftserlebnis ist der Kontakt zur Erde und zu den Naturkreisläufen wichtig. Eine sinnvolle Alternative zu Supermarktprodukten ist die eigene überaus „regionale“ Ernte. Die „Essbare Stadt Andernach“ und die „Prinzessinengärten“ in Berlin sind gelungene Beispiele dieses Trends.

Fast vergessen sind die Ursprünge dieser Idee, die bis ins 19. Jahrhundert reichen. In England entwickelte Ebenezer Howard das Konzept der „Gartenstadt“ als Gegenentwurf zu den dunklen Mietskasernen, Bodenspekulation und qualmenden Industrieanlagen. In meiner Lehrzeit als Landschaftsgärtnerin in Worpswede hörte ich das erste Mal von Leberecht Migge, der hier auf dem „Sonnenhof“ lebte: Anfang des 20. Jahrhunderts interpretierte er die Idee der Gartenstadt neu: Parkanlagen, die nur Zierde dienen, sind für ihn nicht mehr zeitgemäß. „Produktiver Freiraum“ ist das neue Schlagwort! Öffentliche Freiräume sollten auch Lebensmittel hervorbringen. Die Verbindung von Landwirtschaft, Gartenbau mitten in der Stadt. Migge bezog ökologische, städtebauliche und soziale Aspekte in das Konzept ein: Der Zugang zum Garten sollte für jeden Menschen möglich sein, nicht nur für Grundbesitzer.

Diese Idee hat mich seitdem fasziniert und ich versuche, die Verbindung von sinnvoller Nutzung von „essbaren Gärten und öffentlichen Parks“ sowie Naturkreisläufen in viele meiner Projekte als Landschaftsarchitektin zu tragen. So habe ich z. B. einen Teil des neuen Nieplitzparkes „Bürgerweide“ genannt- wo früher die Allmende mit der Weide für die Stadtgemeinschaft lag, können die Bürger zukünftig Kräuter und Gewürze ernten. Auch im Sinnesgarten des Oberlinhauses am Standort der historischen Webergärten sind essbare Pflanzen und Spalierobst ein wichtiges Gestaltungselement. Für mich ergänzen sich Kräuter, Obst und Gemüse perfekt mit Stauden und Gehölzen. Die Ästhetik des Schönen und Sinnvollen.

 



 

Leberecht Migge

 

 

 

 

 

 

 

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